Nights in White Satin Erotischer Roman by Kaila Kerr

Autor:Kaila Kerr [Kerr, Kaila]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783426433478
Herausgeber: Knaur e-books
veröffentlicht: 2014-11-24T16:00:00+00:00

Teil 3

Abir

Paris / Manoir

Erstaunlich, wirklich erstaunlich. Früher, als er es erwartet hatte, erreichte er Paris. Die Air France machte ihm allerdings wieder einmal einen Strich durch die Rechnung, da er am Montag keinen passenden Flug erwischte, die Flüge am Dienstag bereits ausgebucht waren und er einen ganzen Tag länger in dieser verhassten Stadt bleiben musste. Auch wenn Karim alles Erdenkliche versuchte, Abir diesen Tag zu versüßen, so blieb immer die bittere Erkenntnis, dass er eigentlich schon ihre zarte, weiche weiße Haut unter seinen Fingern hätte spüren können. Stattdessen wischte er sich mal wieder den Schweiß von der Stirn und zerrte sich den Kragen seines weißen Hemds vom Hals weg.

Abir rechnete damit, dass sich dieser Prozess noch viele Tage hinziehen würde. So waren sie eben, die Orientalen, sagte Karim lachend. Dem Anwalt konnte es recht sein: Je länger sich eine Verhandlung hinzog, desto mehr konnte er, Karim, sich die Taschen füllen. Abir jedoch fiel es schwer, für diese Art der Verzögerungstaktik Verständnis aufzubringen. Als er sich am Donnerstag der letzten Woche von seinem Rechtsbeistand und Onkel verabschiedete, um ins Hotel zu gehen, verlängerte er die Buchung für sein Zimmer um ganze zwei Wochen. So hoffnungslos fühlte er sich.

Vor lauter Wut hatte er sich den Magen verdorben und lauthals geklagt über den ewigen Staub und die elendige Schwitzerei in seinem Zimmer mit der kaputten Klimaanlage und dem Ventilator an der Decke, der die dicke, stickige Luft nur umrührte. Auch wenn er die Sprache seiner Mutter nicht mehr sprach: Die Sprachmusik hatte er schnell erlernt.

Den Freitag hatte er in schreiender Trübsal verbracht. Sein Gesichtsausdruck sprach Bände, und seine Körperhaltung, normalerweise aufrecht und stolz, unterstrich die laute Anklage gegen seine missliebige Familie. Selbst ein Stoß in die Seite, den Karim ihm im Gerichtssaal verpasste, konnte die Absage an dieses Schmierentheater nur kurz unterbrechen. Der Richter schwafelte Abirs Meinung nach viel zu lange von den Rechten der Familie, von der Liebe innerhalb einer Familie, vom Zusammenhalt einer Familie. Abir fragte sich, ob der Mann in der Robe sich die Mühe gemacht hatte, die meterhohen Aktenberge, die die Liebe seiner Familie Abir eingebracht hatte, auch nur eines Blickes zu würdigen. »Eher nicht«, murmelte er, und Karim sah ihn fragend an.

Von der Gegenseite war natürlich niemand erschienen. Man hielt es nicht für nötig, sich mit dem Abschaum der Familie aus dem fernen Europa, das ihnen die Tochter gestohlen hatte, abzugeben. Es reichte vollkommen, wenn man den Willen zu siegen durch den Aufmarsch berühmter Anwälte demonstrierte. Es war eine Farce, und Abir und Karim wussten das. Zu den Anträgen, die schon auf dem Tisch des Richters lagen, kamen noch zehn dazu, die genauso abstrus waren wie die bereits vorliegenden.

Als sich Karim und Abir an diesem Tag trennten, waren sie dem Glauben an die Gerichtsbarkeit und an die Gerechtigkeit keinen Schritt näher gekommen. Karim verabschiedete sich hastig, ganz im Gegensatz zu dem, was er sonst tat, wenn Abir in Algier verweilte. Bisher hatte der Ältere darauf bestanden, dass sie Zeit miteinander verbrachten, da er dem Sohn seiner Schwester ein wenig von der Mentalität nahebringen und ihm seine Heimat zeigen wollte.

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